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Scryso
Anzündhilfe Registriert seit: Dez 2004 Wohnort: Bern Verein: Beiträge: 27 Status: Offline |
Beitrag 108730
, Eigenbau eines Festtreibstoffraketenmotors
[01. Dezember 2006 um 23:06]
Hallo zusammen!
Es ist schon bald eine Ewigkeit her, als ich hier im Forum nach Tips und Tricks und weiteren Ideen für meine Maturarbeit umgesehen habe. Um genau zu sein ist es bereits über ein Jahr her! Jetzt habe ich wieder einmal den weg hier in dieses Forum gefunden und habe gedacht, vieleicht interessiert sich ja jemand dafür, was schlussendlich daraus geworden ist. Seid nicht all zu unbarmherzig, wenn ihr als langjährige Raketenbauer meine Arbeit durchlest. Ich hoffe sie gefällt euch und denkt daran, der Ursprung dieser Arbeit liegt z.T. in diesem Forum. Vielen Dank! Eigenbau eines Festtreibstoffraketenmotors (PDF) Abbrandversuche (AVI) Gruss Scryso Geändert von Scryso am 02. Dezember 2006 um 17:28 |
Neil
99.9% harmless nerd
Registriert seit: Aug 2000 Wohnort: Delft Verein: SOLARIS Beiträge: 7776 Status: Offline |
Beitrag 108754
[02. Dezember 2006 um 08:54]
Hi,
gibt es die Bilder zu der Arbeit auch in einer größeren Auflösung? Falls du das Dokument nicht in dem Beitrag anhängen kannst wegen der Größe, packe es doch ins Archiv. Da geht auch mehr rein. So bei dem schnellen Überflug über das Dokument, hat es schon einen sehr schönen Eindruck hinterlassen. Muss das mal genauer lesen. Ihr gebt da ein Rezept an. Wir haben uns hier im Forum darauf geeinigt, keine Rezepte zu veröffentlichen. Wäre es daher möglich den Teil weg zu lassen? Gruß Neil Die Erde ist eine Scheibe. Egal in welche Richtung sich die Menschheit bewegt, sie geht immer auf einen Abgrund zu. |
Scryso
Anzündhilfe Registriert seit: Dez 2004 Wohnort: Bern Verein: Beiträge: 27 Status: Offline |
Beitrag 108771
[02. Dezember 2006 um 14:18]
moin,
Ja natürlich gibt es das ganze auch in grösserer Auflösung. Genau das mit der Uploadbegrenzung von 1MB war das Problem. Habe aber jetzt die Datei (PDF ~7MB) nochmals hochgeladen im Archiv mit besserer Auflösung und ohne Rezeptur. Den Link dazu findet ihr am Anfang dieses Beitrags! Gruss Scryso |
AlexanderM
Epoxy-Meister Registriert seit: Feb 2004 Wohnort: Düsseldorf Verein: FAR Beiträge: 238 Status: Offline |
Beitrag 108777
[02. Dezember 2006 um 14:54]
Grüß Gott,
auch ich habe das Skript erst einmal nur überflogen. Es macht aber einen sehr guten Eindruck, tolle Leistung! Seid Ihr tatsächlich Gymnasiasten? Bei uns in D. wäre so etwas undenkbar. Schon aus Sicherheitsgründen würde uns hier niemand solche Stoffe hantieren lassen. Selbst eine rein theoretische Arbeit mit Sprengstoffen (Ammoniumperchlorat gilt hierzulande hier als Sprecngstoff!) würde einen kaum ein Lehrer hier dabei betreuen, schon weil er selber dann Ärger kriegt (ich kenne da einen angehenden Chemielehrer, werde ihn mal dazu befragen). Da seid Ihr schon gut drauf in der Schweiz, man kann Euch nur beneiden. Kein Wunder, daß die Schweizer im internationalen Vergleich so viel besser abschneiden Alles Gute, Alexander |
Scryso
Anzündhilfe Registriert seit: Dez 2004 Wohnort: Bern Verein: Beiträge: 27 Status: Offline |
Beitrag 108782
[02. Dezember 2006 um 17:11]
Natürlich war der Chemielehrer zu Beginn sehr kritisch, aber als wir ihm erklärten, dass wir die Arbeit in einem speziell dafür ausgelegten Labor machen können und dabei von einem Sprengstoffexperten betreut werden, sagte er zu. Und ich denke es war auch für ihn eine neue Erfahrung, denn wie du richtig gesagt hast ist Sprengstoff in Schulen ein sehr heikles Thema!
Mir hats jedenfalls riesigen Spass gemacht! Am Ende waren dann auch der Rektor und alle anderen Skeptiker begeistert, was mich natürlich sehr freute. |
Turambar
SP-Schnüffler
Registriert seit: Jun 2005 Wohnort: Österreich Verein: Beiträge: 874 Status: Offline |
Beitrag 108789
[02. Dezember 2006 um 17:31]
Hi,
Zitat: Jaja, man muss heutzutage nur die Connections haben, dann kann man praktisch alles machen, wie zum Beispiel nen Raketenmotor entwickeln Wie konntet ihr denn das Labor nutzen? Habt ihr einfach angefragt oder kanntet ihr dort jemanden? Ich hab das Script ebenfalls überflogen (hauptsächlich bilder und formeln angeschaut ) und mir gefällt es sehr gut. Auch der Motor mit ~150N Schub ist ja nicht zu verachten (wann geht er denn in Serie? ) MfG Bei der Eroberung des Weltraums sind zwei Probleme zu lösen: Die Schwerkraft und der Papierkrieg. Mit der Schwerkraft wären wir fertig geworden. - Wernher Freiherr von Braun http://are.modellraketen.at MfG Stefan |
Scryso
Anzündhilfe Registriert seit: Dez 2004 Wohnort: Bern Verein: Beiträge: 27 Status: Offline |
Beitrag 108791
[02. Dezember 2006 um 17:54]
Vielen Dank
Zitat: Stimmt schon, ich sprach mit einer Studienkollegin meiner Mutter die Chemikerin ist, was sie zu meiner Idee sagt. Sie meinte sie könne das Risiko nicht wirklich beurteilen, weil das nicht ihr Fachgebiet sei. Sie gab mir aber den Namen meines späteren Betreuers und der war sofort Feuer und Flamme, weil die Forschung im Bereich von Raketenantrieben in der Schweiz am aussterben ist. Dank seinem enormen Einsatz und sicher auch wegen seinem guten Ruf konnte er alle nötigen Personen davon überzeugen, dass das eine sinnvolle Arbeit werden würde. So standen uns dann alle Türen offen und wir konnten ohne Kompromisse unser Vorhaben durchziehen. Voraussichtlich kommt der Motor im Frühling 07 auf den Markt! |
Neil
99.9% harmless nerd
Registriert seit: Aug 2000 Wohnort: Delft Verein: SOLARIS Beiträge: 7776 Status: Offline |
Beitrag 108798
[02. Dezember 2006 um 19:18]
Hi,
ich habe den Bericht gerade fertig gelesen. Ist sehr schön geschrieben. Ihr hattet ja am Anfang erwähnt das ihr den Film "October Sky" gesehen habt. Bei den einzelnen beschriebenen Arbeitsschritten kamen mir immer die einzelnen Szenen des Films in den Sinn und der große Unterschied dazu. Ich habe aber noch ein paar Fragen. 1. Ihr verwendet eine Isolationsschicht auf den Stirnseiten des Treibstoffblocks. Wie habt ihr sicher gestellt, das diese zu dem Deckel der Brennkammer keinen Luftspalt hattet? 2. Warum habt ihr keinen Liner verwendet? 3. Der im Test gemessene Maximaldruck bei der Zündung lag weit höher als der berechnete. Habt ihr auch eine Festigkeitsberechnung der Brennkammer gemacht oder einfavch darauf gesetzt, das 17mm Stahl nicht nachgeben werden? Da es ja einiges mehr ist als erwartet, hätte ein Gehäuse auf betriebsdruck ausgelegt durchaus versagen können. 4. Die Druckkurve flacht am Ende wieder ab. Wenn der Treibstoff gleichmäßig verbrennen würde, müßte ja eigentlich der Druck abrupt fallen. Das ist aber nicht der Fall. 5. Warum habt ihr mit gerade so einer Zündkapsel gezündet? War da die Hilfe zuende? So wie ich es verstanden habe, war die Kapsel auch nur auf der Düsenseite, so das sich die Flammfront nach oben vorarbeiten mußte. Was haben die Experten dazu gesagt? 6. Wie haben die Lehrer/Mitschüler auf eure Arbeit reagiert? Gruß Neil Die Erde ist eine Scheibe. Egal in welche Richtung sich die Menschheit bewegt, sie geht immer auf einen Abgrund zu. |
Scryso
Anzündhilfe Registriert seit: Dez 2004 Wohnort: Bern Verein: Beiträge: 27 Status: Offline |
Beitrag 108799
[02. Dezember 2006 um 21:03]
hallo,
schön das dir die Arbeit gefallen hat. Nun zu deinen Fragen: 1. wir haben beim auftragen der isolationsschicht darauf geachtet, dass wir ganz leicht über den brennkammerrand hinaus aufgetragen haben, so dass der deckel sicher die schicht berührt. da die isolationsschicht weich ist, konnten wir den Deckel trotzdem komplett schliessen. aber es stimmt, dass nicht 100% sicher war, dass kein luftspalt dazwischen lag. aber auch wenn ein bisschen luft dazwischen wäre, hätte dies kaum Einfluss auf das Abbrandverhalten! Die Isolationsschicht verhindert ja, dass sich das Treibladungspulver an den Stirnseiten entzündet. 2. der hauptbestandteil der isolationsschicht ist ja aus dem selben stoff wie der Treibstoff selber, einem polymer. die verbindung polymer auf polymer ist optimal und dadurch ist garantiert, dass die isolationsschicht auch wirklich auf dem Treibladungspulver haftet. Aber Liner wäre sicher auch möglich gewesen. 3. Es ist sogar anzunehmen, dass ein Gehäuse, dass auf Betriebsdruck ausgelegt ist, in einem solchen Falle geplatzt wäre. Wir haben uns darauf verlassen, dass die Kammer hält (wenn nicht, wären wir im Raketenprüfstand trotzdem sicher gewesen, denn angeblich soll dort schon eine sidewinder rakete explodiert sein). Hätten wir mehr Zeit zur Verfügung gehabt, hätten wir das mit der Anzünderei noch verbessert, denn die Zündkapsel war alles andere als eine befriedigende Lösung. Sie war meiner Meinung nach der Grund für den extrem hohen Spitzenwert von über 600 bar. Wir waren uns eigentlich sicher dass wir mit Schwarzpulver den Treibstoff entzünden können und als dies überraschenderweise nicht funktionierte, mussten wir kurzerhand improvisieren und so nahmen wir einfach die zündkapseln aus dem lagerbestand. 4. Das kann ich leider auch nicht sicher sagen. ich weiss nur, dass in der abgebrannten brennkammer noch spuren von treibstoff zurückblieben, zwar nur einige milligramm, aber es kann sein dass diese Reste noch einige zeit nachbrannten, was den Druckabfall verlangsamte. Wie du richtig gesagt hast, hätte man dies vielleicht vermeiden können, wenn wir es geschafft hätten den treibstoff überall gleichzeitig zu entzünden. Hier widerum das problem mit der zündkapsel. 5. Wie in 3. gesagt, wir mussten noch kurz vor Abbrandtermin (der fix war) die Anzünderei überdenken. Natürlich war das etwas schade, denn die kapsel beinflusste den Abbrand sehr negativ. Wir führten diesen Punkt ja auch als Verbesserungsvorschlag am ende der Arbeit auf. Das war sicher ein Fehler, dass wir uns nicht mehr Gedanken über die Zündung gemacht haben. Aber aus Fehlern lernt man ja angeblich! Zu der Hilfe, wir waren in vielen Bereichen sehr frei in dem was wir tun. so bestimmten wir auch beim Abbrand kurzerhand, dass wir zwei der drei düsen im Durchmesser verändern und schauen, was das für auswirkungen hat. Der Betreuer hat in Bereichen die nicht so gefährlich sind nicht immer alles vorgekaut und liess uns (so glaube ich) auch ein zwei mal bewusst ins fettnäpfchen treten. wäre ja langweilig wenn alles funktionieren würde! 6. Die Mitschüler und auch Lehrer waren alle begeistert. Wir wurden immer wieder darauf angesprochen, wie wir das genau gemacht haben, wie wir darauf kamen und wie wir es angestellt haben, dass wir in ein so tolles Labor gehen konnten. Wir konnten sogar ein seitenfüllendes Interview in der BernerZeitung geben. Das war für uns natürlich eine riesen Überraschung und eine Bestätigung unserer Arbeit dazu. Ich hoffe ich konnte dir deine Fragen einigermassen beantworten. Natürlich hast du als Raketenbauer die Probleme sofort erkannt und mich genau auf Dinge angesprochen die mir z.T. selber auch nicht ganz klar sind. gruss pascal |