Sebastian
Raketenbauer
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N'Abend, Zitat: ... mit einem Höhenmesser kann ich den Windkanal ersetzen ...
wie Oliver richtig bemerkt, gilt dies nur für den exakt senkrechten Aufstieg. Es sei denn, die Software erlaubt die Eingabe von Abflugwinkeln. Nur die müssten dann ebenfalls während des Fluges gemessen werden ... Mit Beschleunigungssensoren könnte man aber den Widerstand der Rakete unmittelbar nach Brennschluss messen und so direkt auf einen cW-Wert kommen. Das haben wir von der ERIG mal gemacht und sind auf Werte um 0,3 gestoßen (ogive Spitze, Heck mit Verjüngung). Cheers, Sebastian
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Peter
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Zitat: Original geschrieben von Sebastian wie Oliver richtig bemerkt, gilt dies nur für den exakt senkrechten Aufstieg. Es sei denn, die Software erlaubt die Eingabe von Abflugwinkeln. Nur die müssten dann ebenfalls während des Fluges gemessen werden ...
Na klar erwarte ich von einem Flugbahnprogramm, daß es einen Abflugwinkel mit berücksichtigt. Unabhängig davon ist der Sinus unser Freund. Bei 90 Grad (senkrechter Aufstieg) ist der Sinus 1, bei 85 Grad grob/rund/gelogen/woistmeintaschenrechner 0,9962. Um mal die Größenordnung abzustecken: eine Rakete, die ideal senkrecht auf 500m fliegen würde, liegt 1,9m tiefer. Rein sinusmäßig, kann man natürlich auch komplexer sehen. Heißt aber: die Fehlerquote ist gering. Hinzu kommt, daß wir ja für diesen Test vorzugsweise mit kräftigeren Motoren fliegen würden, weil der Einfluß des cw-Wertes mit höherer Geschwindigkeit noch besser rauskommt. Und je Power, desto senkrechter im allgemeinen. Vergleichen wir das mal mit einem selbstgebauten Windkanal: wie will ich denn hochpräzise bestimmen, wie schnell die Luft da drin strömt? Selbst die Kaft, mit der sie das Modell auf irgendeinen Sensor preßt, ist nur mit einem Aufwand genau zu bestimmen, der nicht unter dem für einen Motorenprüfstand liegt. Und wenn ich das alles nur so mit Bastlergenauigkeit bestimme, dann liegt mein Fehler über dem der Höhenmessergeschichte. Noch schlechter dürfte jede Windkanalsoftware abschneiden, das war ja der Beginn dieses Freds. Wenn ich darunter verstehen darf, daß solche Software einen Windkanal simuliert, indem man ihr sagt wie die Rakete beschaffen ist, dann kann die Software ja nix anderes tun, als auf Basis irgendwelcher Formparameter vor sich hin zu lügen. Zitat: Mit Beschleunigungssensoren könnte man aber den Widerstand der Rakete unmittelbar nach Brennschluss messen und so direkt auf einen cW-Wert kommen. Das haben wir von der ERIG mal gemacht und sind auf Werte um 0,3 gestoßen (ogive Spitze, Heck mit Verjüngung).
Ich kann nicht ganz nachvollziehen, wie ihr mit dem Beschleunigungssensor dem Winkelproblem entkommen wollt. Denn ein Beschleunigungssensor allein sagt ja nichts über den Flugwinkel aus. Es sei denn, man verläßt sich auf eine leidlich senkrecht fliegende Rakete und den Sinus als Freund, siehe oben. Dann aber hat der Höhenmesser erneut Vorteile. Denn er mißt eine weitere Strecke als der Beschleunigungssensor, weil er nicht bis Brennschluß, sondern bis zum Gipfelpunkt mißt. Und in einem sinnvollen Bereich gilt: je größer die betrachtete Strecke, desto weniger wirkt sich der Fehler aus.
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Genius
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@oli was studierst du
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Sebastian
Raketenbauer
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Hallo, Zitat: Windkanal: wie will ich denn hochpräzise bestimmen, wie schnell die Luft da drin strömt?
Über zwei Druckmessungen (Gesamt- und statischer Druck) bzw. in Kombination via Prandtl-Sonde lässt sich auf die Strömungsgeschwindigkeit schließen. Zitat: Noch schlechter dürfte jede Windkanalsoftware abschneiden
Es kommt immer darauf an, in welchen Grenzen man der einer bestimmten Software zugrunde liegenden Theorie sein Vertrauen schenkt. Zitat: Ich kann nicht ganz nachvollziehen, wie ihr mit dem Beschleunigungssensor dem Winkelproblem entkommen wollt.
Der Beschleunigungsmesser war in Längsrichtung eingebaut. Nach Brennschluss misst er über die bekannte Raketenmasse den Luftwiderstand. Die einzelnen Beschleunigungsmesswerte werden außerdem zur Berechnung der jeweils momentanen Fluggeschwindigkeit der Rakete herangezogen. Daraus lässt sich dann ein cW abschätzen. Sicherlich hat auch diese Methode ihre Schwächen und Fehlerquellen (Genauigkeit und Einbau des Sensors genau in Längsrichtung, Aufsummierung von Rechenfehlern bei der Integration der Beschleunigungsmesswerte). Sie hat jedoch den Vorteil der Unabhängigkeit von weiteren Variablen wie Schubkurve des eingesetzten Motors und Flugwinkel. Cheers, Sebastian
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Oliver Arend
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Ich muss da Sebastian zustimmen. Der längs eingebaute Beschl.-Messer arbeitet unabhängig von der Lage der Rakete im Raum, da für ihn alles "geradeaus" ist.
Es geht mir weniger um den Sinus von 85° als um Weathercocking. Barometrische Höhenmessung ist für sowas denkbar ungeeignet.
Die Windkanalsoftware kennt vor allem die Oberfläche der Rakete zu schlecht (wir selbst auch), als dass sie da ordentliche Vorhersagen treffen könnte. Aber eine sehr genaue Lage des Druckpunkts hat mich schon immer interessiert, das könnte auch eine Software (hab Aerolab noch nicht wirklich gut ausprobieren können) ziemlich genau herausbekommen, denke ich.
Ich studiere Luft- und Raumfahrttechnik im ersten Semester in Stuttgart (siehe auch Profil).
Oliver
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Neil
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Hi,
was der Beschleunigungssensor nicht weiß ist die Taumelbewegung für das stabilisieren. Diese Kraft wirkt nicht in Sensorrichtung sondern schräg dazu.
Gruß
Neil
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Peter
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Zitat: Original geschrieben von Oliver Arend Ich muss da Sebastian zustimmen. Der längs eingebaute Beschl.-Messer arbeitet unabhängig von der Lage der Rakete im Raum, da für ihn alles "geradeaus" ist.
Ja schon, aber trotzdem kennt der Sensor den Bahnwinkel nicht. Falls die Rakete schräg fliegt, setzt sich die Bahngeschwindigkeit nicht mehr nur aus einer senkrechten Komponente zusammen, sondern zunehmen auch aus einer waagrechten Komponente. Die Erdbeschleunigung vermindert aber nur den senkrechten Anteil. Folglich müßte die resultierende Bahngeschwindigkeit schräg höher werden als senkrecht. Und das verfälscht die Bestimmung des cw-Wertes, um den es hier ja letztlich geht.
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Oliver Arend
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Auch wieder wahr. Verdammt.
Also Beschleunigungsmesser in drei Achsen plus einen für Rotation, wie wärs damit?
Oliver
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Sebastian
Raketenbauer
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Zitat: ... trotzdem kennt der Sensor den Bahnwinkel nicht. Falls die Rakete schräg fliegt ...
Meinst du mit schräg fliegen, dass die Rakete ständig mit einem Anstellwinkel fliegt? In dem Fall müsste man sich eher Gedanken zum Auftriebsbeiwert machen. Ansonsten zeigt doch aber die Längsachse (=Messachse) nahezu immer in Flugrichtung. Und dafür benötige ich den während des Fluges sich ständig ändernden Bahnwinkel nicht.
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Peter
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Zitat: Original geschrieben von Sebastian
Meinst du mit schräg fliegen, dass die Rakete ständig mit einem Anstellwinkel fliegt? In dem Fall müsste man sich eher Gedanken zum Auftriebsbeiwert machen. Ansonsten zeigt doch aber die Längsachse (=Messachse) nahezu immer in Flugrichtung. Und dafür benötige ich den während des Fluges sich ständig ändernden Bahnwinkel nicht.
Ich fürchte doch, denn der eine Sensor weiß nicht, wie die Erdanziehung einwirkt. Einfaches Gedankenexperiment: 1) Die Rakete fliegt genau senkrecht. Die gemessene Beschleunigung wird durch die volle Erdanziehung gemindert. 2) Die Rakete fliegt waagrecht (von einem Alpengipfel?). Jetzt bremst die Erdanziehung nicht mehr, und Du kannst eine höhere Beschleunigung messen. 3) Du wirfst die Rakete (bitte nicht) aus einem Ballon senkrecht nach unten. Jetzt wirken Schub und Erdanziehung zusammen in eine Richtung. Logischerweise beeinträchtigen solche Unterschiede die Rückrechnung von Beschleunigung auf cw-Wert. @Oliver: selbst die vier Sensoren lassen sich täuschen, wenn die Rakete nach unten beschleunigt. Zumindest während der Antriebsphase. Danach müßte dem Bordcomputer die schreckliche Wahrheit dämmern, wenn seine Sensoren hartnäckig melden, daß sich dieses Triebwerk mit unendlicher Brenndauer und genau einem g Schub einfach nicht abschalten läßt. Er wird auf ernste, klassische Musik umschalten und seinen halbleitenden Passagieren mutmachende Passagen über das Recycling von Elektronikbausteinen vorlesen.
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