Kabelmann
SP-Schnüffler
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Hi zusammen
Ich ergänze meine Aussage mal dahingehend:
Generell wird hier in den unteren Impulsklassen vieeeeeeeeeel zu stabil gebaut.
Mein Eindruck ist, das die Mehrzahl der amerikanischen Raketenflieger Bausätze baut, wie sie aus dem Karton kommen, und zwar unverändert genauso, wie es die Anleitung sagt.
Schockband im Estes-Style an die Innenwand geklebt oder nach PML Manier an das Motorrohr geharzt. Motorausstoß only, bis in hohe Impulsklassen. Elektronik? Lediglich um die Höhe zu loggen. Gipfelpunkt, egal wie hoch = Schirm raus und fertich, is ja Platz.
Und in diese Bausatzraketen wird dann reingesteckt, was das Motorrohr so hergibt. Wenn in der Beschreibung steht "can be flown from H-J" , wird da auch ein J reingesteckt, kost ja auch nix. Unsereiner würde sich das zehnmal überlegen und zwar dahingehend, ob die Struktur das auch verträgt, hier noch Gewindestangen, da noch 2K-Schaum und sowieso elektr. Dualdeployment mit Redundanz.
Das "stabil" hat nix mit leicht oder schwer zu tun, ich meine konstruktiv stabil.
Das alles aber ohne jemandem, oder einer Nation zu Nahe treten zu wollen und ohne den Tread zu verwässern.
Gruß Jan
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Achim
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Interessantes Thema. Was die Motorsektion/Flossen betrifft hat das Jan schön beschrieben. Die klassische Variante mit zentralem Motorrohr TTW-Flossen und 2 Spanten ist eigentlich kaum verbesserungsfähig was die Relation Festigkeit zu Gewicht angeht und eigentlich Standard. Was die Anbindung an die Fangleine angeht kann man unterschiedlicher Meinung sein. Hier mat mich die Ami-Methode immer gestört weil der Bereich der Anbindung im langen Körperrohr kaum einsehbar und kontrollierbar ist. Darüber hinaus bin ich ja bekennender Fan von Gummibändern kombiniert mit starren Leinen. Dadurch werden Kräftespitzen effektiv abgebaut - auch wenn es zusätzliches Gewicht kostet - womit wir beim Thema Stabilitätsanforderungen sind. Wenn alles glatt geht, d.h. die Rakete genau senkrecht fliegt und am Gipfelpunkt den Schirm öffnet dann sind die auftretenden Kräfte gering und man kann sehr leicht bauen. Aber wehe wenn nicht! Bereits relativ geringe Abweichungen vom Gipfelpunkt lassen die auftretenden Kräfte extrem ansteigen. Wenn dann nur eine starre, kurze Leine Verwendet wird kann man so stabil bauen wie man will - es gibt Kleinholz. Im Bereich der Flossen treten die höchsten Kräfte eigentlich immer bei der Landung auf. Ich treffe immer einen Stein.. Ich verwende inzwischen auch keinerlei Metallteile mehr im Bereich der Bergung. Aus Gewichtsgründen und wegen dem DM. Was die Leichtbauweise angeht so bin ich zu einem Kompromiss gelangt. Meiner Meinung nach macht es ab einem gewissen Grad keinen Sinn mehr noch leichter zu bauen. Irgendwann geht das immer auf Kosten der Materialstärken oder der Aufwand steigt steil an und bingt nicht mehr viel Einsparung. Und eine schöne Lackierung muss ja auch sein - gell Oliver... Flossen fertige ich meist aus Voll-CFK-Platten. Endlos stabil, perfekte Oberfläche, wenig Arbeit. Vom Gewicht her natürlich schwerer als z.B. Sandwich Balsa-Laminat. Aber eben auch nicht so wesentlich dass sich der Aufwand lohnen würde. Super leichte Spitzen machen auch meist keinen Sinn wenn man nicht das Bergungssystem samt Elektronik dorthin verlagert denn meist wird das Gewicht im oberen Drittel ja für die Flugstablität gebraucht. Raketen mit 100mm Durchmesser und 150-200cm Länge wiegen bei mir su zwischen 1,5-2,5 kg. Wesentlich leichter krieg ich es nicht und wesentlich schwerer braucht es nicht. Wirklich sparen kann man mit Sandwich-Körperrohren. Aber der Aufwand ist schon gewaltig. Gruß, Achim
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Oliver Arend
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Ralf, wenn der Motor von unten mit 1000 N schiebt, wirken von oben zwangsläufig 1000 N an Trägheitskräften dagegen. Diese verteilen sich allerdings proportional zur Masse. Das Körperrohr müsste also zum Motor hin dicker werden. Achim, 1,5-2,5 kg für Raketen der genannten Größe sind wirklich schon recht leicht. Beim Einsatz von Faserverbund kriegt man da auch mehr als ausreichende Festigkeit hin. Insgesamt muss man festhalten, dass die wenigsten Raketen auf dem Weg nach oben kaputtgehen (außer bei sehr hohen Geschwindigkeiten), sondern in den meisten Fällen beim Transport, beim Fallschirmauswurf, bei der Landung oder wenn Gregory in der Nähe ist. Oliver
Geändert von Oliver Arend am 17. Februar 2010 um 12:34
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RalfB
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Hallo Oliver,
wie sieht es aus, wird die "schiebene Kraft" nicht geringer wenn die Rakete an Geschwindigkeit zulegt und die Strömungskräfte dafür größer? Sind die Kräfte Proportional zu einander?? Ich habe gerade eine Verständniskriese... zu viel Steuerrecht halt.
Gruß Ralf
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Oliver Arend
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Angenommen, der Motorschub bleibt gleich, und der Luftwiderstand erhöht sich, dann nimmt die Beschleunigung ab, und die Trägheitskräfte verringern sich. Das Gleichgewicht Schub = Trägheit + Luftwiderstand bleibt bestehen (Kräftegleichgewicht gilt ja immer). Wenn der Motor nun in der Lage ist, die Rakete so lange zu beschleunigen, dass Schub und Luftwiderstand im Gleichgewicht sind, gibt es keine Trägheitskräfte mehr (Beschleunigung null, Geschwindigkeit konstant), allerdings muss das Rohr dann den gesamten Widerstand der Spitze aufnehmen. Es kann also prinzipiell, solange der Motor in Betrieb ist, keine Kraft entlang der Längsachse der Rakete auftreten, die größer ist als der Motorschub.
Oliver
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RalfB
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Zitat: Es kann also prinzipiell, solange der Motor in Betrieb ist, keine Kraft entlang der Längsachse der Rakete auftreten, die größer ist als der Motorschub.
Danke Oliver, danke für die Erklärung. Die Desingregel aus dem T2-Kurs besagt ja auch, dass das Motorrohr den doppelten Schub des Motors aushalten sollte. (Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht) Schade das ich keine Möglichkeit habe exakte Belastungstests zu machen. Wäre bestimmt interessant. Ich hätte da noch die ein oder andere Rakete die ich dafür opfern würde. Gruß Ralf
#Don’t Look Up
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Neil
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Hi,
du kannst ja einfach ein Körperrohr nehmen und dich über diesen auf der Personenwaage abstützen. Wenn das Rohr knickt musst du dir den Wert merken. Mann kann Olivers Betrachtung noch etwas komplizierter machen. Wenn man davon ausgeht das der Luftwiderstand von der Spitze, den Flossen und dem Heckkonus erzeugt wird, so ist in der Tat die Belastung des Rohres knapp über den Flossen am größten. Die Kraft die von den Flossen und dem Heckkonus zum Motor geleitet werden gehen ja fast komplett über das untere Stück des Rohrs. Wenn man jetzt den Motor mit seinem forderen Ende gegen einen Spant schieben läst, so würde die SPitze dort drauf drücken, Flossen und Heck aber ziehen.
Gruß
Neil
Die Erde ist eine Scheibe. Egal in welche Richtung sich die Menschheit bewegt, sie geht immer auf einen Abgrund zu.
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Oliver Arend
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Die Diskussion habe ich am Samstag abend auch mit Hagen geführt.
Man muss einerseits alle möglichen Lastfälle beachten, die auf das Rohr wirken. Dazu gehören bspw.:
1. Motorschub 2. Luftwiderstand 3. Seitenwind/Scherwind 4. schiefe Flossen 5. Fallschirmauswurf
Daraus entstehen bestimmte Kräfte und Momente, die unterschiedliche Versagensmodi haben
1. & 2.: Kompression, evtl. Knicken. Hier variiert die Spannung in Längsrichtung, ist in Umfangsrichtung gleich 3.: Biegung. Lokal größte Spannung am Punkt des größten Biegemomentes, außen am Rohr, senkrecht zur Biegeachse 4.: Torsion. Im Bereich der Flossen am größten, in Umfangsrichtung gleichmäßig verteilt 5.: Alle möglichen Kräfte und Momente. Lokal am Krafteinleitungspunkt konzentriert, verteilt sich dann proportional zur Masse
Bis auf die Kompression durch den Motorschub und die Einzelkraft, die vom Fallschirmseil kommt, ist m. W. kaum eine dieser Belastungen bekannt bzw. gut untersucht worden. Ich würde jedoch vermuten, dass der Fallschirmauswurf die größten Kräfte hervorruft und durch die lokale Konzentration am kritischsten ist. Der Motorschub kann zwar sehr groß sein, ein Rohr verhält sich jedoch sehr gut unter Kompression und ist auch stabil gegen Knicken. Ich würde daher das durch die Flossen, unter Seitenwindeinfluss, verursachte Biegemoment noch genauer betrachten, da Biegung lokal größere Spannungen hervorrufen kann und m. E. nach dem Fallschirmauswurf der kritischste Fall ist.
Ungeachtet dessen gibt es natürlich noch die Lastfälle Transport (Biegemomente an den Flossen, Punktlasten auf dem Rohr) und Landung (Punktlasten an Flossen und Rumpf), die hier gar nicht betrachtet wurde.
Gibt es nicht jemanden, der eine Rakete mit einem Haufen DMS und einem Datenlogger versehen möchte?
Oliver
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RalfB
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Hallo Neil die Seite mit der Waage ist nicht das Problem sondern die einwirkende Kraft. Auf die meisten Raketen kann man sich bestimmt drauf setzen ohne das sich das Motorrohr verabschiedet. Ich dacht eher an meine NikeSmok, da würde ich schon gerne wissen ab wann sich die Konstruktion verabschiedet. Dafür bauchte ich aber einen Wagenheber oder ähnliches damit ich die Kraft auch gerade in das Rohr einleiten kann. Ich schaue mal wie hoch ich die Badezimmerwaage bei uns belasten darf.
Gruß Ralf
#Don’t Look Up
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RalfB
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Zitat: Gibt es nicht jemanden, der eine Rakete mit einem Haufen DMS und einem Datenlogger versehen möchte?
Hallo Oliver, wenn Du die DMS und Logge zusteuerst dann stelle ich das Modell. Gruß Ralf
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